Ostsee-Umrundung | gesamt 6.576 km
Valdemarsvik (SWE) – Västervik (SWE) | Tag 86 | heute 86 km
Es war schön ruhig im Haus. Ich nehme mein gestern Abend mit Hafermilch angesetztes Müsli aus dem Kühlschrank, schneide eine Banane hinein und mische mir noch eine Portion Notnahrung unter als Kalorienboost. So gerüstet räume ich alles zusammen, packe das Rad und lasse einfach den Schlüssel von außen auf der Haustür stecken. Es war sehr unkompliziert mit dem Vermieter.
Mein heutiges Ziel ist Västervik, 65 Kilometer entfernt, sagt die Route über Komoot. Die Eurovelo10 Route und mein GPS packen nochmal eine 20 Kilometer Schleife drauf, so dass die Route zweimal südöstlich bis an die Ostsee reicht und gleichzeitig die Schnellstraße umgeht.
Es ist regnerisch, kein schwerer Regen, aber ein Dauer-‚Drizzel‘. Also, Regenjacke an und los geht’s. Nach 20 Kilometern verlasse ich die Provinz Östergötland und rolle in die Provinz Kalmar ein. Oft laufen die Straßen mitten durch die Schärenfelsen hindurch, die offensichtlich für die Straße Platz machen mussten. Ein Schärenschnitt.
Am Abzweig zur ersten Schleife entscheide ich mich tatsächlich für die Erweiterung, denn es ist auch die Fortsetzung der kleinen malerischen Straße, auf der ich glücklich ohne viele Autos dahin radel.
Der Regen hat unterdessen aufgehört. Aber es bleibt lange grau in grau. Schwierig heute zu fotografieren, wenig Kontraste, oft Regen in der Luft und Tropfen auf der Linse.
Durch kalte Herbstlandschaft
Die erste Schleife führt mich sehr hügelig bis Loftahammar und wieder zurück mit eisigem Seitenwind bis kurz vor Björnsholm. Er ist so kalt, dass ich meine langen Winterhandschuhe raushole und meinen Buff über den Mund ziehen muss. Der Herbst hat mich längst eingeholt, der Farn hat in den vergangenen paar Tagen seine Farbe auf Gelb- und Brauntöne gewechselt.
Ich befinde mich in einer der schönsten Gegenden meiner Tour. Die Schärenlandschaft mit den sanften Hügeln und dem häufigen Meeresblick verzaubert. Es ist auch Astrid Lindgrens Landschaft, sie wurde knapp 50 Kilometer westlich geboren und auch beerdigt.
Västervik – Perle der Ostküste
Dann führt es mich wieder in der zweiten Schleife Richtung Südosten bis nach Västervik, meinem Tagesziel. 86 Kilometer sind es geworden. Die Stadt wird auch ‚Perle der Ostküste‘ genannt – mit Recht. Den ganzen Tag war es wolkenverhangen grau, jetzt lässt die Sonne die Stadt bei meiner Einfahrt erstrahlen.
So bin ich heute einen ziemlichen Zickzack Kurs in die Schären gefahren, weit hinein bis Loftahammar , wieder hinaus, wieder hinein bis Västervik. Und morgen wieder hinaus. Ein Scherenschnitt sozusagen. Oder auch ein Schärenschnitt?
Ich passiere das Hotel Slottsholmen. Ab 230 € kostet die Nacht, nicht ganz meine Klasse. Dafür mit Schallplattenspieler und Platten auf dem Zimmer. Es wurde durch die Familie von Björn Ulvaeus, ABBA, erbaut.
Statt dessen bin ich im Hotel Park, inhabergeführt und deshalb entsprechend persönlich. Die Rezeption ist nur bis 17 Uhr besetzt, danach automatisiert. So habe ich Gas gegeben und meine Kaffeepause verschoben. Ich wollte Magnus, den Hotelier, doch gern persönlich kennenlernen. Tee, Kaffee und Kakao darf ich mir nun im Frühstücksraum kostenfrei nehmen.
Tipp: Abends esse ich im ‚Burger Shack Västervik‘ meinen besten vegetarischen Burger, den ich je hatte: ‚Pulled Oumph‘ auf Sojagrundlage. Mit der Trüffelmajo zu den Pommes ein echter Tipp. Keine Massenburger, den Laden gibt’s nur hier.
Ich kann es kaum glauben, heute habe ich auf Komoot ‚Lübeck‘ eingegeben und die direkte Radlinie ist nur noch 725 km. Mein Weg entlang der Küste ist natürlich länger, aber mir wird bewusst, dass die Tour sich langsam aber sicher dem Ende nähert. Ein seltsames Gefühl, gehört Radfahren doch schon so sehr zu meinem Tagesablauf. Die Gedanken muss ich erstmal sortieren! Und könnt ihr euch vorstellen, dass diese hübsche kleine Stadt Västervik so nah an Deutschland ist?
6 Kommentare
Hallo Bernd,
scheint ein tolles Rad-Revier zu sein da oben. Sehr schöne Bilder. Du bist weit gekommen, jetzt beginnt für Dich quasi der Endspurt. Genieße es und pass auf Dich auf!
Lieber Christian,
danke Dir!
Oh ja, Småland ist eine der schönsten Radelgegenden der Tour. Wie schön muss es sein, im Sommer mit leichtem Rad hier entlang zu radeln und immer wieder die Schärenlandschaft mit der Ostsee zu sehen!
Die Tour geht nun überraschend schnell in den Endspurt. Zumindest die frostigen Temperaturen lassen mich auch denken, dass es Zeit wird!
Radreiseglückliche Grüße
Bernd
Lieber Bernd,
ein großes Stück von deinem Radreiseglück hast du jetzt schon abgeradelt. Deine Fotos sind einfach toll….fast wie Postkarten.
Wir wünschen für die letzten Radreisewochen alles Gute, ein intaktes Fahrrad, nette preiswerte Unterkünfte und ganz tolle Bekanntschaften. Außerdem senden wir liebe Grüße vom Zeeland Marathon
Ise und Manni
Liebe Ise, lieber Manni,
nicht mehr lang und wir sehen uns wieder!
Danke, ich freue mich, dass ich euch über meine Fotos meine Reise durch meine Augen betrachten lassen kann! Manchmal staune ich dann selbst, was ich tolles am Tag gesehen habe. Es führt mich dazu, Dinge noch bewusster wahrzunehmen und zu schätzen.
Die guten Wünsche nehme ich gerne an, wenig Defekte, nette Menschen, gute Unterkünfte!
Bis ganz bald, danke für euren lieben Kommentar!
Radreiseglückliche Grüße aus Kalmar,
Bernd
Hier gibt es schon (lange schon) Weihnachtssachen. Bald auch Glühwein. Wird also Zeit, dass du zurück kommst.
725 km wäre eine Woche. Sagen wir also zwei Wochen. Dann hast du noch 8 Wochen Zeit, um Geschenke einzukaufen.
Und dich auf Weihnachten einzustellen.
Ok, Helmut, ich denke ich warte noch bis zum Glühwein. Den könnte ich bei den frostigen Temperaturen hier auch jetzt schon ab und an gebrauchen!