Ostsee-Umrundung | gesamt 3.155 km
St. Petersburg (RUS) | Tag 43 | heute 0 km
St. Petersburg ist die viertgrößte Stadt Europas und hat fünf Millionen Einwohner. Zum Vergleich: London hat 8 Millionen, Berlin hat 3,6 Millionen Einwohner. Diese Größe war mir vorher nicht bewusst, ich hatte es eher bei Riga und Tallinn eingereiht. Schon bei der Einfahrt in die Stadt wurde mir die Weitläufigkeit bewusst. Hier gilt: größer und weiter, Attribute, die ich eher den Amerikanern zugeordnet hätte – aber sie sind wohl in den Städten aller großen Kulturen zu finden.
Die Innenstadt von St. Petersburg gehört wie schon Peterhof zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Illumination derselben ist nachts immens, wie ihr auf den Fotos von gestern sehen könnt.
Erst 1703 gegründete Zarenstadt
Im Gegensatz zum übrigen Land erlebe ich St. Petersburg als maximal touristisch. Es ist sicherlich den architektonisch wunderschönen Gebäuden und Kirchen und der historischen Bedeutung zu schulden. Schließlich fanden hier Revolutionen statt. Sie wurde zwar erst 1703 von Peter dem Großen gegründet, diente aber den Zaren über 200 Jahre als Hauptstadt und birgt unglaubliche Kunstschätze. Wie schon in den anderen großen Städten unserer Tour, mache ich auch hier eine Free Walking Tour mit. Das kann ich nur empfehlen, denn die Tourguides arbeiten Trinkgeld basiert und haben dementsprechend eine hohe Motivation.
Anastasia führt uns durch die Stadt, angefangen auf dem Palace Square mit der Alexandersäule. Diese besteht aus einem einzigen großen Stück Granit aus der Nähe von Wyborg und ist 600 Tonnen schwer. Die Säule ist nicht zusätzlich fixiert, sondern wird lediglich durch ihr eigenes Gewicht fixiert. Benannt ist sie nach Kaiser Alexander l., Anlass war der Sieg gegen Napoleons Frankreich.

Entlang der Eremitage, deren langes Hauptgebäude gleichzeitig der Winterpalast ist, geht es weiter zum früheren Eingang der Eremitage, der imposant von zehn Atlas Figuren getragen wird. Der Winterpalast war der Hauptsitz der russischen Zaren in St. Petersburg. Wenn man sich etwas wünscht und einen Fuß der Figuren berührt, soll er in Erfüllung gehen. Das habe ich sofort gemacht, darf ihn euch aber nicht verraten
Isaakskathedrale
Wir passieren die Isaakskathedrale, die auch die Möglichkeit bietet, auf ihren Kollonaden einen Blick über die Stadt zu bekommen. Sie ist einer der größten sakralen Kuppelbauten der Welt und nimmt bis zu 10.000 Menschen auf. Bis 1928 wurden Gottesdienste abgehalten, danach wurde sie zu einem atheistischen Museum. Erst ab 1990 mit zunehmender Religionsfreiheit in der Sowjetunion waren wieder Gottesdienste möglich. Im 2. Weltkrieg waren übrigens viele der Bauten in Tarnfarbe angestrichen, um sie vor Bomben zu schützen, so die goldfarbene Kuppel und auch der Winterpalast.

Wir gehen den Newsky Prospekt entlang bis zur Kasaner Kathedrale, die auch ohne Eintritt öffentlich zugänglich ist. In der Kirche erlebe ich eine tiefe Religiosität. Die Frauen tragen in der Kirche fast ausnahmslos Kopftücher und stehen oft in langen Schlangen an, um religiöse Bilder zu verehren und zu küssen.
Kasaner Kathedrale | St. Petersburg
Von dem Platz vor der Kirche aus können wir auch die hübsche Auferstehungskirche, auch Blutskirche genannt, sehen.
Spendenidee! Für ein Foto mit dieser wirklich wunderschönen Kirche hat mir eine edle Spenderin aus Schottland 50 € Spende angeboten. Es wurden sogar 51 €, weil ich das Foto auch auf die Website setze. Na, für den guten Zweck setze ich auch gerne das gefragte Duckface auf!
Gefällt euch die Idee? Dann wünscht euch ein Foto mit mir mit etwas an der Strecke. Sie hat schon den nächsten Wunsch und hat über Google Maps recherchiert. Nächste Stadt ist übrigens Wyborg!

Es ist unglaublich voller Touristen an der Blutskirche, und so entschließe ich mich weiter zu gehen, obwohl ich gern hinein gegangen wäre. Es ist aber mittlerweile schon viertel vor Vier, und ich möchte noch zur Isaak Kathedrale, um von dort das Panorama zu genießen und auch hineinzuschauen.
Auf den Spuren des Kommunismus
Dann entschließe ich mich, stattdessen doch noch an einer weiteren Walking Tour ‚Communist Leningrad‘ teilzunehmen, um mehr über die historischen Plätze Lenins zu erfahren. Ich weiß zwar, dass der Start auf der anderen Seite der Neva ist, ahne aber nicht, dass es so weit ist. So komme ich etwas zu spät, aber gerade noch rechtzeitig, denn der Tourguide ist wieder Anastasia von heute morgen. Die kleine Gruppe kommt mir auf einem Zebrastreifen entgegen und ich erkenne sie wieder.
Vielleicht hätte ich doch die U-Bahn nehmen sollen, um Zeit einzusparen. Die U-Bahn hier in St. Petersburg ist übrigens eine der tiefsten der Welt. Da das Gelände sehr sumpfig ist, geht sie bis in eine Tiefe von 85 Meter.
So erlebe ich eine interessante Tour, aber es bleibt keine Zeit mehr für die Isaak Kathedrale und die Kollonaden. Man kann nicht alles haben.
Mein Rückweg führt mich stattdessen durch die Peter & Paul Festung, fast schon eine eigene Stadt. Von hier wird jeden Mittag um Punkt 12 Uhr ein Kanonenschuss abgegeben, der auch am anderen Ufer durch Mark und Bein geht. Also, rechtzeitig die Kamera an, wir haben es erst 10 Sekunden vor dem Schuss erfahren!
Peter & Paul Fortress | St. Petersburg Peter & Paul Fortress | St. Petersburg Geländer, Sowjetstern | St. Petersburg Eremitage von Neva aus | St. Petersburg
Abends gibt’s beim Italiener eine Pizza mit einer lauwarmen Orangen-Limonade. Nein, kalt gibt es sie nicht, weil Kinder sie nicht kalt mögen. Wir können uns darauf einigen, dass ich Eis bekomme zum Kühlen, ich werde danach aber nicht mehr freundlich bedient und das Kassieren verläuft herablassend. Schade. Gestern beim Inder habe ich dafür anderthalb Stunden aufs Essen gewartet, dafür dann aber den Blog geschrieben.

Morgen geht’s weiter. Für St. Petersburg sicher zu wenig Zeit. Wenn ihr die Stadt besucht, nehmt auch wenigstens drei Tage Zeit, besser sogar vier. Sie ist sehr weitläufig und erinnert mich am ehesten an Wien. Aber sie ist unpersönlich und hektisch – wie jede Großstadt. Gespräche gab es bei den Führungen kurze und nette, aber viel mehr war nicht möglich. Das Highlight bleibt das Gespräch mit Andrej bei der Einfahrt nach St. Petersburg.
Morgen geht es weiter entlang der Küste um den Finnischen Meerbusen. Es geht auf eine Straußenfarm zur Übernachtung, ganz schlicht und billig. Aber es gibt Katzen. Unsere fehlt mir!
2 Kommentare
… und an was hast du bei der Peter&Pauf Festung denken müssen?
Ich vermute mal, an die Zitadelle Jülich. Irgendwie hängen die wohl auch seitens der Architekten zusammen .. ich bin da damals hin gegangen, und war extrem überrascht mich fast zu Hause zu fühlen 😉
In einer dieser Kirchen haben wir bei unserem Besuch einen orthodoxen Gottesdienst erlebt. Also leider waren nur ein paar Minuten Zeit (der Nachteil einer fremd organisierten Gruppenreise), aber der Gesang war super. Das sind gerade so meinen spontanen Erinnerungen an Petersburg. Und ich überlege, wie es ist, durch die ganzen „Vororte“, die mir sehr grau in grau vorkamen, per Rad zu fahren … ich habe nur fette breite Straßen im Kopf; ich hoffe, du hast auch bessere (Fahrrad)wege kennen gelernt!
Weiterhin gute Fahrt, jetzt ja vermutlich wieder eher ländlich geprägt …
Liebe Ulla,
ja, 95% der Straßen hier in Russland sind dann doch eher zum Abgewöhnen! Positiv formuliert: es ist ein Abenteuer. Aber ich hab’s mir ja so ausgesucht!
Peter & Paul habe ich vor allem an den Lauf von Peter Borsdorf denken müssen, der in der Region einen gleichnamigen Lauf für den guten Zweck veranstaltet.
Die Zeit auf einer Radreise ist meist nicht mehr als bei einer Bustour. Es sind immer nur die kurzen Fenster. Aber sie sagen Dir, wo Du nochmal hinkommen solltest. Dir also auch? ?
Danke für Deine immer tollen Kommentare, sie motivieren mich, auch wenn es sonst mal wenig Kommunikation auf der Tour gibt!
Radreiseglückliche Grüße
Bernd