Interview mit Rose zum Fahrradboom und langen Wartezeiten auf Traumrad und Ersatzteile
Der Fahrrad Boom ist ungebrochen. Corona hat die Menschen zurück aufs Rad gebracht. Gut so, schließlich ist die Mobilitätswende ein wichtiger Schritt hin zu besserem Klimaschutz. Und zu besserer Fitness, selbst wenn es zu einem gewissen Teil e-bikes sind, die auf den ersten Blick nicht so viel Muskelbewegung verlangen mögen. Doch sie bringen Menschen wieder in Bewegung, die Radfahren für lange Zeit zur Seite gepackt haben. Das ist gut so. Doch mit der Begeisterung fürs Rad kamen auch lange Wartezeiten.
Lange Wartezeiten wie bei e-Autos
Wer in letzter Zeit versucht hat, sich ein neues Fahrrad zuzulegen, der hat schnell gemerkt, dass ein passendes Rad nur schwierig zu bekommen ist. Denn lange Wartezeiten von teils über einem Jahr erfordern wirklich Geduld. Das gleiche gilt für Reparaturen, denn die Ersatzteilsituation sieht ähnlich aus. Doch woran liegt das und vor allem: Wann ändert es sich wieder?
Darüber habe ich mich mit den Radprofis von Rose* unterhalten. Die Bocholter gibt es bereits seit mehr als 110 Jahren, und seit 2011 bringen sie Räder unter der ROSE-Eigenmarke auf den Markt.
Radreiseglück: Speziell im Segment der Reiseräder ist der Markt schon seit einigen Monaten wie leergefegt. Woran liegt das, und stellt ihr dies auch in anderen Fahrrad-Segmenten fest?
Rose: Aufgrund der Restriktionen im vergangenen Jahr war es kaum möglich, Urlaub im Ausland zu machen. Während dieser Zeit haben viele nicht nur das Fahrrad wieder für sich entdeckt, sondern auch, wie schön es sein kann, Deutschland mit dem Fahrrad zu erkunden. Bei dieser Art von Urlaub sind die Menschen weniger abhängig und haben so das Gefühl von Freiheit ein wenig zurückerlangt. Der Trend der leergefegten Bestände ist aber nicht nur im Bereich der Reiseräder zu sehen, sondern eigentlich in allen Segmenten. Besonders das Gravelbike, unser BACKROAD wurde stark nachgefragt, da es eine sehr breite Zielgruppe anspricht und sehr vielfältig ist.
Dazu muss man sagen, dass wir aktuell keine große Range an richtigen Reiserädern führen. Wir haben unsere BACKRAOD Randonneure und die eignen sich nicht nur für Reisen, sondern auch für den täglichen Gebrauch. Viele Gadgets, um ein Rad reisetauglich zu machen, lassen sich bei unseren Bikes aber easy nachrüsten.
Radreiseglück: In vielen Foren lese ich auch über lange Wartezeiten für Fahrrad Zubehör und Ausrüstung. Was ist dabei eurer Erfahrung nach besonders betroffen?
Rose: Die Lieferengpässe ziehen sich einmal quer durch das gesamte Sortiment. Der Mangel an Ersatzteilen beeinflusst im Umkehrschluss auch die Lieferzeiten der Bikes. Speziell im Bereich Zubehör waren zwischendurch die Regale mit Flaschenhaltern und Trinkflaschen* wie leergefegt. Da musste der Kunde dann entweder auf ein Alternativprodukt zurückgreifen oder die Wartezeit in Kauf nehmen. Auch Helme* wurden zwischenzeitlich sehr stark nachgefragt, sodass sowohl unsere Regale in den Stores als auch unsere Lagerkapazitäten leer waren.
In den Wintermonaten waren Rollentrainer* besonders stark, zu Hochzeiten waren wir auch dort ausverkauft. Besonders im Winter hat es sich deutlich bemerkbar gemacht, dass die Fitnessstudios geschlossen waren und Kunden sich nach Alternativen umgeschaut haben, sich auch in der kalten Jahreszeit fit zu halten.
Radreiseglück: Viele Leser meines Blogs fragen aktuell, wie sich Lieferengpässe perspektivisch entwickeln?
Rose: Verglichen mit dem letzten Jahr hat sich die Situation in einigen Bereichen etwas beruhigt, bzw. es haben sich inzwischen alle an die situative Lage angepasst. Unser Wareneingang arbeitet momentan unter Hochdruck, fast täglich kommt ein neuer Container mit Ware an. Im Bereich der Bikes versuchen wir auch bereits, auf Alternativprodukte umzusteigen, damit die Lieferzeiten sich etwas verkürzen. Manche Marken sind inzwischen wieder lieferfähig, bei anderen erwarten wir die bestellte Ware erst im nächsten Jahr.
Bestellungen für 2023 sind teilweise schon jetzt abgeschlossen, wir planen also noch weiter im Voraus, soweit es geht – alle benötigten Teile lassen sich eben noch nicht vorhersehen. Alle Vorkehrungen, die wir aktuell treffen und schon getroffen haben, stimmen uns insgesamt positiv, im nächsten Jahr das Arbeiten unter normalen Umständen zu ermöglichen und in einen Vorlauf zu kommen.
Radreiseglück: Aktuell sind die bei Radreisenden gefragten Räder der Activa Pro Serie nicht mehr verfügbar. Plant Rose, diese wieder aufzunehmen und sein Angebot an Reiserädern weiter auszubauen?
Rose: Das Activa Pro wird es in Zukunft nicht mehr geben. Es hat sich herausgestellt, dass unser BACKROAD (egal ob Carbon, Alu oder elektrifiziert) in der Randonneur-Variante* alle nötigen Attribute erfüllt und sich ideal zum Reisen eignet. Wir haben das „Basis-Modell“ dazu mit allerlei Features wie Schutzblechen, Lichtanlage, Gepäckträger und noch mehr Anschraubpunkten für Fahrradtaschen und Co. ausgestattet. Die Range an Randonneur-Bikes werden wir in Zukunft weiter ausbauen. Wie bereits oben erwähnt, lassen sich aber auch viele andere Bike-Modelle von ROSE durch ihre vielen Anschraubpunkte easy selbst zum Randonneur umrüsten.
Radreiseglück: Welches Zubehör ist in dieser Saison das meistgekaufte im Segment Radreise & Trekking?
In unseren Stores war die Nachfrage nach GPS-Geräten*, Packtaschen*sowie Handyhalterungen* sehr groß. Die Zeiten, in denen die Leute anhalten, um auf eine Karte zu schauen sind vorbei. Stattdessen sind die Kunden sehr mobil unterwegs und wollen ihre Aktivitäten zudem tracken. Packtaschen sind natürlich ein Muss, wenn es in den Fahrradurlaub geht. Ein neuer Trend, der sich auch im Jahr 2021 noch fortsetzt, ist das Bikepacking. Dafür werden meist Räder genutzt, die ohne den klassischen Gepäckträger kommen. Stattdessen werden die Taschen mit Gurten und Klett am Rahmen befestigt.
Danke fürs Interview!
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