Ostsee-Umrundung | gesamt 3.345 km
Лушки (RUS) – выборг (RUS) | Tag 45 | heute 80 km
Vorab: Heute ist ein besonderer Tag mit einem weiteren Meilenstein: Ich habe mit 3.345 Kilometern ein Drittel der theoretisch geplanten 10.000 Gesamtkilometer erreicht! Der Spendenbetrag hängt mit 2.412,35 € nun etwas hinterher, aber er hat wieder etwas nachgelegt! Und eure Unterstützung ist immer noch so toll!
Keine Straußen auf der Straßenfarm
Seit gestern Abend bin ich allein im Haus. Die Nacht war unglaublich ruhig und ich habe einfach bis acht Uhr geschlafen. Ich sehe auch niemanden, bis ich fahre. Das Erstaunliche: Nicht einmal einen Strauß auf der Straußenfarm. Nur sechs Enten.

Die Strecke führt weiter entlang der Landstraßen und biegt ab nach Primorsk, einer kleinen Stadt an der Ostsee, die vor allem für ihren Verladehafen für Öl bekannt ist. Die Pipelines sehe ich an der Strecke, die Hafenanlagen, die bis zu vier Öltanker gleichzeitig beladen können, bleiben meinen Augen verborgen. Die Kirche von 1904, in der das lokale Museum untergebracht ist, ist der Höhepunkt des Ortes. Endlich kommt auch ein Café! Ich gehe rein, aber es gibt nur Instant aus einer gammeligen Dose, da fahre ich lieber ohne weiter. Mir scheint, die Russen trinken viel lieber Tee.
Es sieht aus, als sei ich heute schon um halb vier am Ziel, ich freue mich so sehr über die freie Zeit, die ich heute haben werde. Was habe ich vor? Etwas lesen und in einem Café sitzen!
An einem Küstenstück ein kleines Beispiel, wie sich mit Fotos etwas darstellen lässt. Bitte vergrößern. Das letzte ist dann das fürs Auge ☺️.
80 km Gewitterband
Es geht recht eintönig gegen den Wind weiter. Bei Kilometer 65 stocke ich. War das ein Donner, und ist es da vor mir nicht dunkel? Ich selbst stehe in der Sonne. Ich checke das Wetterradar, und in der Tat, vor mir hat sich ein ca 80 Kilometer langes Gewitterband aufgebaut. Es liegt zwischen mir und meinem 14 km entfernten Ziel Wyborg und zieht nach Osten.

So suche ich Schutz in einem Bushäuschen, ich schätze es wird 30 Minuten dauern. Aber ein solches Wetter verändert sich laufend, und so sitze ich bis 16:00 Uhr für fast eineinhalb Stunden fest. Es ist ja nicht nur der Regen, sondern es blitzt und donnert unaufhörlich. Das Netz ist nicht gut genug, um den Blog weiter zu schreiben. Mir wird außerdem kalt, weil der Wind den Regen zu mir peitscht.
Zuerst denke ich, ich muss noch weiter ausharren, dann entdecke ich zwischen zwei Gewittern eine reine Regenzone. Die müsste reichen, um durch den nur ca 10 km breiten Schlechtwetter-Streifen zu schlüpfen. Also lege ich die komplette Regenmontur an, Jacke, Hose und Überschuhe. Und tatsächlich, es funktioniert, nach gut einer halben Stunde sehe ich auf der anderen Seite die Sonne wieder.
Im Hotel angekommen hänge ich die nassen Regenklamotten zunächst auf, dusche mich und wasche meine Sachen. Anschließend geht es zu einem Café und ich bekomme um 18:15 Uhr meinen Cappuccino, den ich mir den ganzen Tag so sehnlich gewünscht habe!
Leider habe ich in der Zwischenzeit eine erschreckende Entdeckung gemacht: morgen soll es den kompletten Tag regnen. Und nicht nur 1 bis 2 mm pro Stunde, sondern bis zu 10 mm pro Stunde. Wir haben immer gesagt, dass wir an solchen Tagen eine Regenpause einlegen werden (an der Stelle muss ich laut lachen im Café über die Autokorrektur ‚Regenbrause‘), so checke ich die Möglichkeiten, morgen für einen Tag in Vyborg zu bleiben.
Beeindruckende Burg in Wyborg
Vor dem Abendessen gehe ich Richtung Burg. Der Sonnenuntergang naht und ich bin auf die Fotos gespannt. Oben auf dem Turm sehe ich Menschen, es ist 19:45 Uhr. Komme ich da noch rauf? Ich gehe in die Burg und eine junge Dame sagt mir um 19:50 Uhr, dass es um 20:00 Uhr die letzte Führung gibt, ich aber noch elektronisch übers Handy ein Ticket kaufen muss. Das braucht ein paar Anläufe, aber um 19:58 Uhr habe ich es geschafft.
Abenteuerlich geht es durch den Turm über Stiegen an der Außenmauer entlang, nur mit Geländer zum Innenraum. Die nicht ganz Schwindelfreien in der kleinen Gruppe von zehn Leuten gehen eng ganz außen. 46 Meter ist der Turm hoch, und welches Bild sich von dort oben ergibt, kann ich mit Worten kaum beschreiben. Was für ein Spot. Ich bin so geflashed zusammen mit dem Sonnenuntergang und meinem Glück, es vor dem schlechten Wetter auf die letzte Minute erleben zu dürfen, dass ich ein Live Video auf Facebook starte!
Schaut es euch an, dann wisst ihr was ich meine! Ich liege mit dem Guide zurückgelehnt auf dem grünen Dach, betrachte den Sonnenuntergang, und kann mein Radreiseglück in diesem Augenblick kaum fassen.
Russland. Es hat einige Stellen, die wirklich beeindruckend sind. Und dazwischen ganz lange Zeit nichts. Kein Wunder, dass es kein Fahrradland ist. Die Distanzen von schönem Spot zu schönem Spot sind einfach sehr weit.
Abends dann noch ein Muss: Ich esse das erste Mal im Leben und in Russland Borschtsch – und es schmeckt wirklich gut! Очен хорошо! Ich wäre traurig gewesen es zu verpassen. Dazu ein russisches Bier, Балтика 7.
2 Kommentare
Hallo Bernd,
Du hast uns heute wieder wunderbare Aufnahmen geschickt. Vielen Dank dafür! Wir freuen uns mit dir über deine tollen Erlebnisse! Vielleicht hättest du zu deinem Zelt noch ein kleines Ruderboot mitnehmen sollen?
Genieße morgen deine Auszeit. Vielleicht ein Tag mit der Chance, nette Menschen kennen zu lernen und neue Kraft zu tanken.
Gute Weiterfahrt!
Gern! Heute verlasse ich dann Russland und es geht weiter nach Finnland! Liebe Grüße vom Frühstück!
Bernd
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