Leer | Heute 28 km | Gesamt: 712 km
Wir besichtigen unseren Zielort Leer und sehen uns den Hafen und die schönen alten Häuser an. Tristan fehlt, denn er hat ja den größten Teil miterlebt. Auf dem Abschlussfoto ist er trotzdem bei uns – zumindest halten wir ihm einen Ehrenplatz frei!
Mit dem Fahrrad lässt sich alles rollend gut erkunden und so fahren wir nach einer Stippvisite beim Rathaus zunächst an der 1480 erbauten Harderwykenburg vorbei, die sich als eine der ältesten noch erhaltenen Burgen Ostfrieslands im Privatbesitz befindet. Mit ein paar Schritten hinter das Tor lässt sich ein Foto ergattern.
Tipp: Im Altstadtcafé der Kaffeerösterei Baum machen wir Halt bei einem gekonnten Filterkaffee. Hier kann man einiges über Kaffee lernen, und Herr Baum hat einen Traum aus seiner Kindheit verwirklicht. Mit seiner Oma ging er oft in einem Tante Emma Laden einkaufen. Dort bekam er immer einen kleinen Kakao geschenkt. Diese positive Erfahrung wollte er sein Leben lang weiter geben, und nun steht auf seiner Karte tatsächlich ein Kinder- Cappuccino für 0 €. Nur in der Nähe einer Schule in seinem anderen Café musste er aufgrund des Andrangs einen Schüler- Cappuccino einführen – größer und für faire 1,50 €.
Die letzte Fahrt führt uns über eine wundervolle lange Allee zum etwa drei Kilometer entfernten Wasserschloss Evenburg, erbaut 1642. Bei einer letzten Limo im Café mit Blick auf das sehenswerte Schloss lassen wir die Tage Revue passieren.
Mit einem Quer durchs Land Ticket geht es anschließend mit der Bahn zurück, mehrfache Deutsche Bahn Comedy eingeschlossen. Die deutschen Bahnen bieten dabei erstaunlicherweise mehr Platz für Räder als die niederländischen. Ok, sie bieten ‚meist‘ mehr Platz. Ab Köln wird die Bahnfahrt purer Stress, wir lernen daraus. Die Rush Hour mit mehr als einem Fahrrad gilt es zu vermeiden.
Damit endet unsere Radtour entlang der niederländischen Nordsee von Rotterdam über Texel und Vlieland nach Leer mit gesamt 712 Kilometern, meist entlang der hervorragend beschilderten Fernrouten LF11 und LF10, manchmal sind wir aber auch einfach mal anders gefahren.
Vieles war anders als erwartet, nicht alles lässt sich planen. Wir hätten nie erwartet, dass Tristan während der Tour aussteigt, und dass Julian so lange Strecken bewältigen würde. Er hatte zwar E-Unterstützung, aber eigentlich fand er Radfahren vorher doof. Während ich mit Klick-Pedalen und festen Schuhen unterwegs bin, konnten wir Julian nicht davon abhalten, große Teile der Strecke in Flip Flops zu fahren.
Es gab Sonne und Regen, Rückenwind und Gegenwind, gute und miserable Zeltnächte, Spaß und Frust, selten Streit aber immer Verzeihen. Wir durften uns erleben und ertragen, und wir haben sicherlich alle gemeinsam und jeder für sich auf engem Raum und in stetigem Beisammensein etwas zu gegenseitiger Toleranz und Miteinander gelernt.
Es gab wunderbare Gespräche mit tollen Menschen, die uns noch lange bewegen und beschäftigen werden. Wir sind dankbar dafür.
Schon im letzten Jahr haben Tristan und ich gemerkt, dass die Niederlande so viel mehr als nur Zeeland ist. Wir sind beeindruckt von den unterschiedlichen Landschaften der niederländischen Küste. Vlieland haben wir ins Herz geschlossen, es wird uns sicher wiedersehen. Die Herzlichkeit der Friesen hat sich tief in uns verankert. Sie inspiriert uns, irgendwann eine Tour durch die schönen friesischen Städte zu machen.
Es war sicherlich nicht unsere letzte Radreise, aber wir freuen uns auch darauf, morgen mal wieder ausschlafen zu dürfen!
~ Wandelen overwint grenzen – verbindt mensen ~
(E9 Fernwanderroute)